Bahnhof Friedrichstraße/Mauerstraße/Wilhelmplatz
- 1926 Im November trifft Josef Goebbels (1897 bis 1945) auf dem Bahnhof Friedrichstraße in Berlin ein. Er bezieht als "Gauleiter" die Parteizentrale der NSDAP in einem Hinterhof an der Potsdamer Straße. Sein "Führer", der ehemalige Anstreicher Adolf Hitler (1889 bis 1945), kam zum ersten Mal Ende April 1927 in die Stadt und hielt am 1. Mai im heruntergewirtschaftete Tanzlokal "Clou" in der Mauerstraße 25 vor Mitläufern der Splittergruppe einen Vortrag. Eine wirre Rede, die in keiner Gazette Beachtung fand. Hitler wohnte in einer Etagenpension in der Dorotheenstraße mit Blick auf die S-Bahnviadukte. Vier Jahre später, am 3. Februar 1931, mietet er sich mit seinem Stab erstmals im Kaiserhof am Wilhelmplatz ein. Der unterdessen berühmte Gast nannte den Kaiserhof "unser Haus der Politik". Während im Bierkeller die Horden der SA-Leute in ihren braunen Hemden das Souterrain mit Sauforgien und Kampfliedern belebten, zog sich ihr Führer in die Suite 140/142 zurück, die in der ersten Etage mit Blick auf den Wilhelmplatz nach seinem Geschmack möbliert worden war. Zwei große Zimmer mit einem Kamin aus weißem Marmor, einem roten Orientteppich und einem Messingbett. Stühle und Sessel waren billige Imitate im Stil von Louis XVI., getischlert von einem Dekorateur, der die Komische Oper belieferte. Der Schreibtisch war wuchtig und pompös. Die Reichskanzlei, die zu erobern sein ganzes Sinnen und Trachten war, konnte er von dort aus nicht sehen. Nur dann, wenn er sich weit aus dem Fenster lehnte, blickte er auf die Schalt-zentrale der Weimarer Republik. Am 29. Januar 1933 verließ er abends das Hotel durch den Hintereingang. Am Wilden Eber in Grunewald verhandelte er im Rauchsalon der Villa des Henkell-Schwiegersohnes Joachim von Ribbentrop (1893 bis 1946) mit dem Sohn von Paul von Hindenburg (1847 bis 1934) unter vier Augen. Tags drauf ernannte der greise Reichspräsident den "böhmischen Gefreiten" zum neuen Reichskanzler. |